Wenn selbst ein Schuldspruch kein Rücktrittsgrund mehr ist
Ich fordere Landeshauptmann Stelzer auf, endlich Verantwortung zu übernehmen und den Rücktritt von August Wöginger zu verlangen. Wer selbst im Fall eines Schuldspruchs im Amt bleiben will, hat jede politische Legitimation verloren.
Anstand? Verantwortung? Fehlanzeige.
Wenn ein Politiker öffentlich erklärt, dass er selbst im Falle eines Schuldspruchs im Amt bleiben will, dann ist das mehr als eine persönliche Einschätzung – es ist eine Bankrotterklärung politischer Kultur. August Wöginger zeigt damit, dass für ihn nicht mehr Maßstäbe wie Anstand, Verantwortung oder Vorbildwirkung gelten, sondern ausschließlich der Machterhalt. Politik wird so zur Selbstbedienung, nicht zum Dienst an der Republik.
Ein Schuldspruch – egal in welcher Höhe oder Form – ist kein Kavaliersdelikt, sondern ein massiver Einschnitt in die Glaubwürdigkeit eines Mandatars. Wer das nicht erkennt oder bewusst ignoriert, hat den Kontakt zur Lebensrealität der Menschen verloren, die für Fehler in ihrem Berufsleben sofort Konsequenzen tragen müssen.
Herr Stelzer, handeln Sie – jetzt.
Gerade deshalb richte ich meine Forderung klar und unmissverständlich an Landeshauptmann Thomas Stelzer: Übernehmen Sie Verantwortung und fordern Sie im Fall eines Schuldspruchs den Rücktritt von August Wöginger. Führung bedeutet nicht, Probleme auszusitzen oder auf juristische Spitzfindigkeiten zu verweisen, sondern politische Konsequenzen zu ziehen, wenn das Vertrauen der Bevölkerung beschädigt ist.
Wer in einer solchen Situation schweigt oder beschwichtigt, stellt den Parteifrieden über das Gemeinwohl. Ein Landeshauptmann ist jedoch nicht Parteimanager, sondern Hüter der politischen Glaubwürdigkeit. Wenn selbst bei einem Schuldspruch kein Rücktritt mehr eingefordert wird, dann sendet das ein fatales Signal: Macht zählt mehr als Moral.
Wo bleibt der Aufschrei der ÖVP-Basis?
Diese Affäre betrifft nicht nur die Parteispitze, sie betrifft vor allem die ÖVP-Funktionäre auf Gemeinde- und Bezirksebene. Jene Menschen, die tagtäglich vor Ort erklären müssen, warum Politik noch glaubwürdig sein soll. Viele von ihnen wissen genau, dass das Verhalten der Parteiführung falsch ist – und dennoch bleibt es still.
Doch genau hier liegt das Problem: Schweigen aus Loyalität hat dieses System erst möglich gemacht. Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, sich zu wehren, aufzustehen und ein klares Signal zu senden: So nicht mehr. Wer heute nichts sagt, akzeptiert den Machtmissbrauch von morgen. Parteidisziplin darf niemals über Rechtsstaatlichkeit und persönlicher Integrität stehen.
Kein Rechtsstaat – ein Amigosystem
Was wir hier erleben, ist kein Einzelfall, sondern Ausdruck eines Systems. In der ÖVP schützt man längst nicht mehr das Land oder seine Institutionen, sondern vor allem die eigenen Leute. Postenschacher, gegenseitige Rückendeckung und das systematische Wegsehen haben Vorrang vor Verantwortung und Konsequenz.
Ein Staat, in dem politische Nähe wichtiger ist als Recht und Anstand, verliert seine Legitimation. Das ist kein funktionierender Rechtsstaat mehr – das ist ein Amigosystem. Und genau dieses System muss aufgebrochen werden. Macht braucht Kontrolle. Nicht irgendwann, nicht vielleicht – sondern jetzt. Österreich braucht einen echten Systemwechsel, damit Politik wieder den Menschen dient und nicht sich selbst.